
Kick-off Veranstaltung
Eine Spur legen
Kick-off-Veranstaltung der LASSALLE-Gemeinschaft am 25. Mai 2025 im Lassalle-Haus Bad Schönbrunn
Unter dem Motto «Ein Zeichen setzen – dem Erbe Zukunft verleihen» gründete sich am Sonntag, 25. Mai 2025, die LASSALLE-Gemeinschaft. Sie wird nach der für Ende Juni 2025 angekündigten Schliessung des Bildungshauses vor Ort tägliche Meditationszeiten und regelmässige Gottesdienste weiterführen. Die LASSALLE-Gemeinschaft trägt ausserdem Sorge dafür, dass der «Lassalle-Spirit» in neuer Form und gewandelten Gefässen weitergetragen wird.
Grund für die von vielen als schockierend erlebte Schliessung des vor zehn Jahren generalsanierten Lassalle-Hauses sind Sparpläne und Nachwuchsprobleme der Jesuiten sowie Veränderungen der spirituellen Nachfrage. Die Schliessung reiht sich ein in eine Reihe von Schliessungen von Bildungshäusern in kirchlicher oder Ordensträgerschaft, die ihre Aktivitäten in den letzten Jahren in der Schweiz ganz oder teilweise einstellen mussten.
Das interreligiöse Lassalle-Haus strahlte seit den 1970er-Jahren als spirituelles Zentrum über die Schweizer Grenzen hinaus. Der Bau ist ein Meisterwerk des Architekten André M. Studer.
Lassalle-Spirit weitertragen
Derzeit werden neue Träger oder Betreiber für die Immobilie in Bad Schönbrunn mit rund 80 Gästezimmern gesucht. Nach derzeitigem Stand bleibt die Jesuitengemeinschaft im Haus präsent. Sie möchte sich noch stärker öffnen und ihre Lebensweise mit mehr Hausgästen als bisher teilen. Eine Kerngruppe Freiwilliger ist bereit, nach Bad Schönbrunn zu ziehen. Enthusiasmus und Schwung verleiht die grosse Sympathiebekundung – rund 5500 Menschen unterzeichneten zu Jahresbeginn eine Petition für das Fortbestehen des Lassalle-Hauses.
Die LASSALLE-Gemeinschaft hat sich mit dem Ziel gegründet, den Lassalle-Spirit vor Ort oder auch unabhängig vom Lassalle-Haus weiterzutragen. In der Kick-off-Veranstaltung mit dem international tätigen Psychologen, Consultant und Coach Frank Kretzschmar kam die Storytelling-Methode in Verbindung mit Elementen der Erzählkultur der Maasai zum Einsatz. Die Fragestellung lautete: Was sind deine ganz persönlichen (spirituellen) Lassalle-Haus-Momente?
Rungu und Straussenfeder
Der Rungu, ein hölzerner Stab, und die Straussenfeder sind bei den Massai Objekte, die Autorität zu erzählen verleihen und gleichzeitig Signal für genaues Zuhören sind.
Es zeigte sich, dass viele eine als überraschend erlebte Liebe zu dem Ort, dem Haus («Es ist wie eine Verliebtheit und als ob ich schon früher hier gewesen wäre») oder spirituellen Lehrern empfinden. Das Lassalle-Haus sei ein «heiliger Ort – und das soll auch so bleiben», wurde betont, und: «Es ist ein Kraftort.» Aber auch diese Erfahrung wurde geteilt: «Ich liebe es nicht – es stresst mich»; hier ist es das im positiven Sinn Herausfordernde des spirituellen Lernortes, das erfahren wurde.
Die im Lassalle-Haus angebotenen Gottesdienste werden als Anker, Kraftquelle und gemeinschaftsstiftende Elemente erlebt. Die Liebe zum Haus schliesst die umgebende Natur mit ein, die intensiv wahrgenommen wird. Häufig taucht die Charakterisierung als «Heimat» auf, «spirituelle Heimat» oder «fast schon Heimat».
Es wurde deutlich, dass zum einen der Ort eine starke Faszination auslöst, zum anderen – und nicht klar davon zu trennen – ein spezieller Geist bisher nur dort erlebt wurde. Entsprechend ist die bevorstehende Schliessung mit tiefen Trauergefühlen verbunden, auch dem Abgenabelt- und Entkoppeltwerden.
Lassalle-Gemeinschaft-DNA
Als Stichworte kristallisierte sich heraus: Verbundenheit, Dankbarkeit, Stille, Heimat, Zuversicht, «In guter Hoffnung sein», Einheit in der Vielfalt, Vertrauen, Aufbruch, Vereinigung von Gegenätzen, aber auch Nostalgie, Unsicherheit, Abschied, Loslossen.
Transformationsprozess
Das Geschichtenerzählen half, unterschiedliche Schichten freizulegen: von Intellekt, Herz, Seele. Viele verbinden mit dem Lassalle-Haus tief bewegende Momente. Es wurde Zartes, Existenzielle, Schönes und Verletzliches geteilt. Ein vorherrschendes Gefühl: Nicht mehr in der alten und noch nicht in einer neuen Wohnung zu sein. Der Wunsch, den Lassalle-Spirit in einer Zeit der «Durchökonomisierung» zu bewahren, ist gross.
Die Gemeinschaft neu denken/erfinden!
In einem zweiten Anlauf ging es darum, innere und äussere Kreise Freiwilliger zu bilden und das weitere Vorgehen abzustimmen.
Kreise ziehen, Wellen schlagen
Was als LASSALLE-Gemeinschaft angestossen wurde, soll nicht den Prozess stören, schnell eine pragmatische Lösung für die Immobilie zu erzielen. Vielmehr geht es um das Setzen von Lebenszeichen. Dazu zählen auch regelmässige Veranstaltungen: Matinees, Soirees, Events sowie spirituelle Angebote der Jesuiten von Bad Schönbrunn ausserhalb des Hauses.
Die vom Lassalle-Haus bekannte Orientierung bleibt bestehen: weltoffen, interreligiös, interspirituell, interkulturell.
Eine Spur legen!
Die Hoffnung: In den «schlafenden Riesen» spirituelles Leben zu erhalten und weiter Strahlkraft zu bringen – ein spirituelles Zentrum zu bleiben. Das Wagnis auf Seiten der Jesuiten: In einer grösseren und neuartigen Gemeinschaft ein- und aufzugehen.
Die Pilotphase ist vorerst für ein Jahr angesetzt. Eine offizielle Auftaktveranstaltung der Lassalle-Gemeinschaft ist für Sonntag, 6. Juli geplant.
Johanna Di Blasi