
Impuls
Der Weg beginnt jetzt

von Toni Kurmann SJ,
Direktor Lassalle-Haus Bad Schönbrunn
Wer das Lassalle-Haus Bad Schönbrunn verlässt, kennt die Stele an den Parkplätzen, sie ist nicht zu übersehen: „Der Weg beginnt jetzt“, erinnert sie mit einem freundlichen Augenzwinkern. Denn ganz egal, welche „Lassalle-Momente“, Erfahrungen und Begegnungen man eben noch erlebt hat und wie beseelt sich Menschen auf den Weg machen: Spiritualität muss sich im Alltag bewähren. Dort darf sie sich beweisen, soll wirksam werden als eine wahrhaft transformative Kraft.
Alles andere ist Wellness.
Heute, am 30. Juni 2025, bekommt diese stete Erinnerung eine radikal neue Bedeutung. Das Lassalle-Haus Bad Schönbrunn, wie wir es kennen, schliesst seine Pforten. Und damit endet abrupt eine Ära. Es schläft nicht etwa ruhig ein, sondern wird – wenn ich auf die Auslastung der vergangenen Wochen blicke – gewissermassen jäh aus dem Leben gerissen.
Es ist nicht nur für mich ein sehr emotionaler Tag.
Ausgerechnet in den Wochen einer existenziellen Krise hat sich in vielen Gesprächen und Begegnungen gezeigt, welch ungeheure Kraft in diesem Ort steckt, weil so viele Menschen so vieles mit ihm verbinden. So viele Menschen haben ihre Solidarität ausgedrückt, indem sie die Online-Petition zur Erhaltung des Lassalle-Hauses unterstützt haben. Und in all dem durfte ich selbst gemeinsam mit anderen noch so viele ungehobene Schätze entdecken – sehr eindrücklich zuletzt im Entdecker-Wochenende „Genius Loci“.
Der Weg beginnt jetzt.
Jetzt wird sich zeigen, ob dieser Geist, wie dieser Spirit auch unabhängig von einem regulären Kursbetrieb lebendig bleibt und Menschen verbindet.
Schläft jetzt alles ein – nach dem Motto: Schwamm drüber. Und der Letzte macht das Licht aus? Freundlicher formuliert: War die über Jahre gelebte Spiritualität und Begegnungskultur des Lassalle-Hauses nur ein „nice to have“? Oder entpuppt sie sich als MUST HAVE – als eine Kraft, die kreativ und inspiriert nachhaltig wirksame Handlungs-Spiel-Räume eröffnet?
Hier beginnt der Namenspatron des Hauses eine unvermutet neue Rolle zu spielen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle SJ habe ich lange nur mit unserer Tradition der Zen-Meditation verbunden. Dabei erscheint Lassalle mit seiner Biografie als Jesuit in Japan, Überlebender des Atombomben-Abwurfs über Hiroshima und kultureller Brückenbauer mit seinem leidenschaftlichen Einsatz für Frieden gerade jetzt in neuem Licht.
Eine Spiritualität, die sich auf Lassalle beruft, verdient Zukunft!
Für diese Offenbarungen bin ich sehr dankbar. Im Kontext ignatianisch geprägter Spiritualität ist Dankbarkeit ein verlässlicher Kompass für unsere Wahrnehmung. Daran können wir uns ausrichten.
In grosser Dankbarkeit rufe ich viele bewegende Momente, starke Bilder und bleibende Begegnungen rund um das Lassalle-Haus Bad Schönbrunn in Erinnerung. Sie alle gehören zum Genius Loci, zum Esprit dieses Ortes. Ich denke an dieses genau genommen ganz und gar unwirkliche Idyll, dieses Ensemble zwischen Wald und faszinierender Architektur, der spürbaren Vergangenheit als Heilbad und einer allzu menschlichen Zukunft auf dem Friedhof. Dazu die zeitlosen Kunstwerke von Karl Schmid und Ferdinand Gehr, das Kunstwerk des Parks von Josef Seleger; sie werben nicht nur um unsere Aufmerksamkeit, sondern sie schaffen Erfahrungsräume.
Räume, in denen spürbar wird, wie sich der Gott einer jüdisch-christlichen Heilsgeschichte den Menschen über die Zeit offenbart. Oder die Erfahrung der „Stille hinter der Stille“ einer buddhistischen Zen-Meditation. Wer das Lassalle-Haus kennt, weiss: Stille schottet nicht ab. Stille verbindet immer da, wo Worte an Grenzen stossen.
All diese Bilder sind Erfahrungen, die sich unmittelbar auswirken. Wirksam werden. Sie stehen uns auch mit der heutigen Schliessung des Hauses weiterhin zur Verfügung. Wir werden weiterhin meditieren, in der Kapelle Gottesdienst feiern, und auch der Park mit seinen Kunstwerken bleibt zugänglich als Einladung, diesen Raum bewusst zu nutzen.
Der Weg beginnt jetzt. Wir müssen ihn nicht alleine gehen. Ich freue mich, wenn er uns immer wieder zusammenführt – nicht nur in einer gemeinsam geteilten Erinnerung. Sondern in einer Energie, die Neues schafft.
Gerade formt sich die Lassalle-Gemeinschaft. Sie will den Geist des Ortes weiterführen, ihm eine Zukunft geben: neu, anders. Das macht Mut. Das schenkt Kraft. Und es ist ein wunderbarer Kompass: Eine starke Orientierung in eine lebenswerte, inspirierte Zukunft. Ich lade Sie herzlich ein, sich über die Fortschritte auf www.lassalle-gemeinschaft.ch zu informieren.
Diesen Weg gehe ich gerne.